"Öl ins Feuer", Lesung mit Kathrin Hartmann
Im Rahmen der Nachhaltigkeitswochen der Stadt Neumarkt hat der BUND Naturschutz gemeinsam mit dem evangelischen Bildungswerk und der Katholischen Erwachsenenbildung die Journalistin Kathrin Hartmann eingeladen zu einer Lesung aus ihrem neuesten Werk „Öl ins Feuer – Wie eine verfehlte Klimapolitik die globale Krise vorantreibt“.
Im gut gefüllten Bonhoeffer-Saal berichtete die Autorin von verschiedenen Brennpunkten der Welt, ausgesucht hatte sie die USA, Deutschland und Sambia. Im Vordergrund standen dabei immer Begegnungen mit Menschen und deren Schicksale angesichts einer rücksichtslosen Ausbeutung von Rohstoffen durch multinationale Konzerne. Sie berichtet von nicht erfüllten Auflagen der Behörden, von ungehindert austretenden Giftstoffen wie Benzol, Butadien, Schwefeldioxid oder Toxine, deren gesundheitliche Kombiwirkungen noch nicht mal ansatzweise erforscht sind. Sie erfährt von John Beard, ihrem Gesprächspartner in Port Arthur, Texas, dass dort das Risiko, an Krebs zu erkranken, 190mal höher ist als das, was die Umweltschutzbehörde als akzeptables Risiko betrachtet.
Und die petrochemische Industrie boomt weiter trotz Klimakrise. 2023 wurden in Texas 40 Prozent mehr Öl gefördert als im Vorjahr! Alleine 46 Milliarden Dollar wurden von den fünf größten westlichen Ölkonzernen in die Förderung von Öl investiert! Und das trotz steigender Meeresspiegel und zunehmenden Extremwetterereignissen. Gerade in den letzten Wochen brachten zwei Hurrikans Tod und Verwüstung von nicht gekanntem Ausmaß über mehrere Südstaaten der USA.
Port Arthur steht auch für CCS und LNG, dem „Liquified Natural Gas“, das inzwischen an mehrere Terminals an der Nord- und der Ostsee geliefert wird. Hartmann zitiert nochmals John Beard: „Sie opfern uns schon wieder, für den Energiehunger in Europa.“ Sie schildert nicht nur das Leid der Amerikaner, sondern auch den verzweifelten Versuch der Bewohner von Rügen, dort ein LNG-Terminal zu verhindern. Der Protest ist groß und dennoch soll das größte schwimmende LNG-Terminal Europas gebaut werden. Dabei liegen längst Studien vor, die belegen, dass die deutschen Gasspeicher gut gefüllt sind und die Bundesregierung LNG-Überkapazitäten plant. Es spielt dabei keine Rolle mehr, dass dies Tausende von Arbeitsplätzen in der Tourismusindustrie kosten wird. Die Baggerarbeiten zerstören hochsensible Ökosysteme, und die Pipeline zerschneidet vier wichtige Schutzgebiete. Die Auswirkungen auf die Unterwasserwelt und den CO2-Haushalt sind enorm. Es ist zu befürchten, dass die wichtigsten Laichplätze der Heringe zerstört werden. Es spielt offensichtlich keine Rolle mehr, dass die EU den Mitgliedsstaaten ausdrücklich verbietet, den Zustand von Natura-2000-Gebieten zu verschlechtern. Hartmanns Fazit: „Der Schutz von Umwelt, Klima und von unseren Lebensgrundlagen hat in Deutschland offenbar keine parlamentarische Vertretung. Nicht einmal mit einer Regierungsbeteiligung der Grünen.“
Das anfängliche Versprechen, kein umstrittenes Fracking-Gas aus den USA zu importieren, wurde bereits mit dem zweiten Tanker, der anlegte, gebrochen. Pikanterweise ist er mit Flüssigerdgas gefüllt aus einem Terminal in Lake Charles, das Donald Trump einst eröffnet hat. Die Menschen vor Ort sind verzweifelt. „Wir haben ganz brav alle demokratischen Mittel genutzt, die es gibt. Aber wir haben kein Gehör gefunden,“ so Umweltschützer auf Rügen.
Es ist längst widerlegt, dass die weitere Errichtung von LNG-Terminals notwendig ist, aber das Wirtschaftsministerium beharrt darauf. Die letzten Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur zur Gasversorgung belegen, dass der Anteil von LNG an den deutschen Gasimporten lediglich sieben Prozent betrug!
In einer angeregten Diskussion stellten die Zuhörer viele Fragen an Kathrin Hartmann, wobei klar wurde, dass die Bürger kein Verständnis haben für den unguten Einfluss der fossilen Industrie auf die Politik.
Abschließend berichtete die Autorin noch von hoffnungsvollen Aktionen aus Sambia und den USA, bei denen es Royd Michelo und Sharon Lavigne gelang, Erfolge in ihrem zähen und unermüdlichen Kampf gegen eine rücksichtslose Industrie zu erzielen. Hierzu gehört auch das Moratorium für den Ausbau der LN-Export-Infrastruktur, das US-Präsident Joe Biden letztes Jahr verhängte.
Alfons Greiner